dez 17
Ich weiß nicht warum, aber jedes Mal, wenn ich an einen bestimmten Ort gehe und etwas dort betrachte, muss ich an den Schein denken. Ob er aber damit einverstanden ist, weiß ich nicht.
Aber dieser Blick gehört zum Sommer; gestern saß ich noch lange und sah auf die Wand gegenüber, versuchte sie in ihrer eigenwilligen Anordnung zu erfassen: ein spitzer, ein stumpfer Winkel zu den angrenzenden Wänden, dazu noch ein schräger Verlauf von links nach rechts hinunter, ein Unterschied von gut 17 cm. Und weil hier auch die Dachkonstruktion sichtbar wird, gewinnt das Ganze eine merkwürdige Dynamik, wie ist das mit den Balken und deren Länge? fragt man sich; eine gute Wand zum Betrachten und Meditieren jedenfalls.
Der Geliebte hatte gekocht; warum er das tut, versteh ich nicht und versteh es doch - er versucht sich normal zu verhalten, aber es geht ja doch über seine Kräfte. Beinfleisch mit Rösti und Cremespinat, die Suppe ist versalzen, das Gemüse gut, im Spinat reichlich Muskat, doch er isst nur wenig, muss sich danach gleich niederlegen, ich darf wieder das Geschirr verräumen. Er verspielt gerade alles, was er sich in den letzten Jahren an Bewegungsspielraum erhalten hat, an Geschmeidigkeit, Vitalität, Kraft. Die Muskulatur an den ohnehin dünnen Armen und Beinen schwindet - wenn jede Bewegung Schmerzen verursacht, wird sie vermieden, aber damit schwindet auch die Beweglichkeit, aber dabei wochenlang zuzusehen und sich ins Leid fallen zu lassen, nur weil Hörigkeit zum Heilpraktiker besteht, der ja nicht da, sondern in Essen ist, in der Hoffnung, er fände endlich, was die Schmerzen auslöse - das macht die Familie verzweifelt und mich wütend. Und erst langsam, langsam hört er auf die eindringlichen Worte, eine Untersuchung da, eine dort, Untersuchungen, die schon vor Wochen hätten stattfinden können. Ein Ergebnis ist noch ausständig, aber morgen ist er wieder auf dem Weg nach Essen; wie sehr er auch die lange Fahrt fürchtet, die Hoffnung, ein Wunder geschähe, lässt sie ihn unternehmen.
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Aber dieser Blick gehört zum Sommer; gestern saß ich noch lange und sah auf die Wand gegenüber, versuchte sie in ihrer eigenwilligen Anordnung zu erfassen: ein spitzer, ein stumpfer Winkel zu den angrenzenden Wänden, dazu noch ein schräger Verlauf von links nach rechts hinunter, ein Unterschied von gut 17 cm. Und weil hier auch die Dachkonstruktion sichtbar wird, gewinnt das Ganze eine merkwürdige Dynamik, wie ist das mit den Balken und deren Länge? fragt man sich; eine gute Wand zum Betrachten und Meditieren jedenfalls.
Der Geliebte hatte gekocht; warum er das tut, versteh ich nicht und versteh es doch - er versucht sich normal zu verhalten, aber es geht ja doch über seine Kräfte. Beinfleisch mit Rösti und Cremespinat, die Suppe ist versalzen, das Gemüse gut, im Spinat reichlich Muskat, doch er isst nur wenig, muss sich danach gleich niederlegen, ich darf wieder das Geschirr verräumen. Er verspielt gerade alles, was er sich in den letzten Jahren an Bewegungsspielraum erhalten hat, an Geschmeidigkeit, Vitalität, Kraft. Die Muskulatur an den ohnehin dünnen Armen und Beinen schwindet - wenn jede Bewegung Schmerzen verursacht, wird sie vermieden, aber damit schwindet auch die Beweglichkeit, aber dabei wochenlang zuzusehen und sich ins Leid fallen zu lassen, nur weil Hörigkeit zum Heilpraktiker besteht, der ja nicht da, sondern in Essen ist, in der Hoffnung, er fände endlich, was die Schmerzen auslöse - das macht die Familie verzweifelt und mich wütend. Und erst langsam, langsam hört er auf die eindringlichen Worte, eine Untersuchung da, eine dort, Untersuchungen, die schon vor Wochen hätten stattfinden können. Ein Ergebnis ist noch ausständig, aber morgen ist er wieder auf dem Weg nach Essen; wie sehr er auch die lange Fahrt fürchtet, die Hoffnung, ein Wunder geschähe, lässt sie ihn unternehmen.
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ConAlma - 2010-12-17 07:38