Das Nichts kann man nicht behalten.

Versuch einer Rekonstruktion, modifiziert:

Hätte mir vor 30 Jahren jemand gesagt, ich würde irgendwann einmal in einem Schrammel-Konzert sitzen, ich hätte dies, zutiefst in Opposition zur Vaterwelt befindlich, als unvorstellbar von mir gewiesen. Eine Augenblickslaune aber hatte mich zu einer unbedachten Äußerung veranlasst und so gestern in eben ein solches Konzert geführt, ohne dass ich mir zuvor etwas hätte vorstellen können.

Der Beginn war schön, viel zu schön, akademisch schön, oder lag es an dem einen besonderen Instrument? So viel Vater-Tochter aber war ich wieder, oder bin ich immer gewesen, dass ich innerlich rief: diese Musik kann doch so nicht gespielt werden! Selbst dem Schubert hätte ich in diesem Kontext mehr Rauheit gegeben. Aber da waren auch die Texte, von Erwin Steinhauer ausgewählt und vorgetragen: H.C.Artmann, Karl Kraus, Armin Berg, Ödön von Horvath … Lachen evozierend, zunächst, doch so entblößend, böse, entlarvend.

Der zweite Teil wurde losgelöster, lebendiger, die Stimmung stieg mit jeder Polka, kulminierte in brillanten Geschichten aus dem Wienerwald. Und dann der Bruch: dieser eine (späte) Text von Ödön von Horvath, über den absoluten, reinen Gedanken, der nicht fassbar, nicht zu halten ist, und irgendwann wiederkehrt, erkannt als der Todesengel, als Friede, als das nicht festhaltbare Nichts. Im Programm sehe ich die Ankündigung für den Herbst, der erste Termin ist mit meinem Vater. Nächste Woche entscheidet sich, ob er wird dastehen können, und am liebsten wäre ich aufgesprungen, hinausgegangen, hätte appelliert an die Menschen im Saal: Bitte, freuen Sie sich darauf, so sehr Sie nur können, mit all der Kraft, die sie dafür haben – dann wird alles gut.

Im gesellschaftlichen Danach wurde ich zur Tochter mit der Theatermaske, und als ich sie endlich abnehmen konnte, musste ich alleine sein.

_____________________________________________________

An dieser Stelle sollte ein Eintrag von dieser Nacht stehen. Als ich auf "Veröffentlichen" ging, war er zur Gänze verschwunden; es war nicht das erste Mal, dass solches geschah. Die Uhrzeit wäre jene des Eintragbeginns gewesen.


Der Satz des Titels ist aus einer gestern gehörten Geschichte von Ödön von Horvath. Das Nichts ist darin der für den einzige wahren, reinen Gedanken gehaltene Friede, der als Todesengel kommt und dem nicht behaltbaren Nichts gleichgesetzt wird. Der Abend hatte mit Gedanken an meinen Vater begonnen und mit zunächst sehr angstvollen und dann ins Friedvolle übergehenden geendet. Und so war das Verwschwinden des Textes nicht mehr traurig.


Vielleicht ist später Zeit, den ursprünglichen Text aus dem Gedächtnis wieder abzurufen.
walhalladada - 2007-05-04 21:18

Geht mir genauso!
Richtig merken konnte ich mir sowieso noch nie nichts,
außer ein paar wenigen Nichtigkeiten...

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