Und ich schüttelte einen Liebling
Eines Tages starb Ernst Jandl, ich kaufte des Requiem, das Friederike Mayröcker ihm geschrieben hatte, las es, unter Tränen, und dann verschenkte ich es.
Ich schenkte es einem Mann, der es womöglich niemals gelesen hat, wie ich so oft Geschenke machte, die nicht erkannt wurden, welche Verschwendung! aber ich schenkte nicht nur Bücher, ich schenkte immer auch mich, ich verschwendete mich. Ich verschwendete mich mit meinen Worten, mit meinem Körper, mit meinen Gedanken, viel mehr bei mir behalten hätte ich mich sollen, denn immer kam es dazu, dass ich mich aufzulösen begann, und bevor ich ganz zu verschwinden drohte, klaubte ich, was ich noch mühsam von mir finden konnte, zusammen, legte es sorgsam an mich, damit es wieder zu Leben käme.
Bei einer Frau wie Friederike Mayröcker, denke ich mir, wäre nichts verschwendet gewesen und nichts verloren.
Das Weihnachtsgeschenk meiner Mutter war das weitere, eigentliche Buch zum Leben mit Ernst Jandl: Und ich schüttelte einen Liebling. Auch wenn wir nicht viele Worte verlieren, meine Mutter und ich: sie wusste, dass dieses Buch an mich nicht verschwendet ist.
Friederike Mayröcker: Und ich schüttelte einen Liebling. Suhrkamp 2005
Friederike Mayröcker: Requiem für Ernst Jandl. Suhrkamp 2001
Ich schenkte es einem Mann, der es womöglich niemals gelesen hat, wie ich so oft Geschenke machte, die nicht erkannt wurden, welche Verschwendung! aber ich schenkte nicht nur Bücher, ich schenkte immer auch mich, ich verschwendete mich. Ich verschwendete mich mit meinen Worten, mit meinem Körper, mit meinen Gedanken, viel mehr bei mir behalten hätte ich mich sollen, denn immer kam es dazu, dass ich mich aufzulösen begann, und bevor ich ganz zu verschwinden drohte, klaubte ich, was ich noch mühsam von mir finden konnte, zusammen, legte es sorgsam an mich, damit es wieder zu Leben käme.
Bei einer Frau wie Friederike Mayröcker, denke ich mir, wäre nichts verschwendet gewesen und nichts verloren.
Das Weihnachtsgeschenk meiner Mutter war das weitere, eigentliche Buch zum Leben mit Ernst Jandl: Und ich schüttelte einen Liebling. Auch wenn wir nicht viele Worte verlieren, meine Mutter und ich: sie wusste, dass dieses Buch an mich nicht verschwendet ist.
Friederike Mayröcker: Und ich schüttelte einen Liebling. Suhrkamp 2005
Friederike Mayröcker: Requiem für Ernst Jandl. Suhrkamp 2001
ConAlma - 2006-01-13 08:00