Sonntag, 25. Mai 2008

Semikolon

Soeben bei der Textarbeit festgestellt:

Es vergehen nur wenige Absätze ohne Strichpunkt. Er ist mir ähnlich lieb wie Doppelpunkt und Bindestrich - um Gedanken zu strukturieren, Rhythmen zu lenken, ein Innehalten anzudeuten, aber nicht so explizit zu machen wie der Punkt.

War da nicht unlängst ein Aufsatz dazu in der Presse gewesen? Oh ja!

Der Gartenwächter

Der Morgen war schattig und mild. Still. Vogelgezwitscher. Gibt es keine Vögel mehr? sagte die Mutter unlängst, ich höre kaum mehr welche. - Doch, sie sind alle da. Jeden Morgen um spätestens halb sechs werde ich von ihnen geweckt. - Dann muss ich mir wohl endgültig ein Hörgerät besorgen.

Zu Mittag hat sich Wind erhoben, ein warmer Südwind. Bei geschlossenen Augen fühlt es sich an wie Sommer.

Dieser hier steht Sommer wie Frühling wie Winter mit gleichem in sich gekehrtem Blick da:

gartenzwerg-001

Künstlerentwurf, limitierte Auflage. Höhe ca 54 cm. Gewicht: Beton. Preis: auf Anfrage.

Das Gras ist mir entwachsen.

Ich kauere am Kräuterbeet, in der Hand die Grasschere. Die kleinen Kräuter haben zu wenig Sonne, werden nicht nur von Russischem Estragon und Liebstöckel überschattet, sondern müssen sich auch vom rundum wuchernden Gras umzingelt fühlen. Mit der Linken umfasse ich die Büschel, greife in sattes, freuchtes Grün. Es geht ganz leicht, ich gerate in einen Schnitttaumel. Statt der Beetumrandung ist bereits eine quadratmetergroße Wiesenfläche freigelegt.

gartenschnitt

Der Bodengrund ist nicht schön, aber lebendig. Kleine weiße Nacktschneckenbabies sind auf einmal dem Licht freigesetzt. Am Sockel des Gartenzwerges kauern dunkle Käfer, Schattenwesen, die gleich flüchten. Ich hebe den Betonzwerg an, unter seinem platten Fußgestell sieht man Gänge im Erdreich, Spuren von sonst nicht sichtbarer Bewegung. Ich fasse weiter und weiter ins oberflächlich dichte Gras, das, einmal geschnitten, seinen trügerischen Anblick offenbart: übrig bleiben gelbliche Stumpfe, einzelne Stöcke, dazwischen unbewachsene Stellen. In der Mitte der Rasenfläche wuchert es hoch und dick; weiter rechts ist ist es zart und fein, ganz gänseblümchendurchzogen.

Morgen kaufe ich mir eine Sichel, ich werde die ganze Wiese so bearbeiten, der Handrasenmäher ist mir längst keine Hilfe mehr. Die Nähe zum Boden gefällt mir. Was ich da alles in Händen halte: Goldhafer, Löwenzahn, Klee, Wehrlose Trespe, Wiesenknaulgras, Ehrenpreis. Die Grüne Minze hat sich unter der Steinumrandung des Beetes in die Wiese gewurzelt, sie mag offenbar die dominante Nachbarschaft des Lavendelstockes nicht. Wird der französische Estragon, den ich von der Arche Noah mitgebracht habe, da überleben?

Unter den Fingernägeln schimmert es grün. Ja, ich werde mich so Stück für Stück durch die Wiese arbeiten, hingehockt oder hingekniet, den Geruch von Erde und Pflanzen einatmen.

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