Altherren Frühstück
Sie sind zu dritt oder zu viert, im Sommer sitzen sie an einem der Tische vorm Supermarkt, der sich am Rande des Einkaufszentrums befindet; da wärmt schon um 8 Uhr früh die Sonne. Alte Herren, immer adrett gekleidet, vielleicht leben sie allein oder betreut, manche Hand zittert schon, und der Wiederholungszwang täglicher Saetze ist auch bei einmaligem Zuhoeren zu erkennen. Ich hab mir nie Gedanken darüber gemacht, wo sie sich treffen, wenn es kalt ist. Aber am Samstag hab ich sie bei McDonalds ertappt, zwei von ihnen. Da eine Tageszeitung achtlos auf der Bank lag, wollt ich sie mir nehmen. "Das ist meine!" rief da der eine, wiewohl der andere ohnehin auch eine in der Hand hielt, also ging ich wieder. Am Zeitungstisch lag sonst nur Manipulatives, das war mir nicht mal ein Ueberfliegen wert; "hams keine gfunden?" fragte der eine Herr und bot mir dann doch die seine an. "Ich schau ja nur, ob ich drin steh!" und ich wusste, was er meinte, die Todesanzeigen als tägliche Lektuere und das Gefuehl dann, es wieder einen Tag geschafft zu haben. Mein unvermuteter Zeitungswunsch schien die starre Routine der Frühstücksmorgen unterbrochen zu haben, eine Lebendigkeit, die sich in leuchtenden Augen aeusserte, ersetzte das monotone Jaja sonstiger Tage. Als ich die Zeitung zurück brachte, war die hoffnungsvolle Frage schon fast erwartbar: "Sind Sie morgen wieder da?"
ConAlma - 2010-03-08 19:29