Ein von Musik geschüttelter Körper
Das endgültige Programm des Konzertes der Wiener Philharmoniker am Donnerstag dieser Woche stand erst zu Wochenbeginn endgültig fest: ursprünglich sollte Daniel Barenboim erst Schuberts Fünfte, dann Bruckners Siebte Symphonie dirigieren. Die erste Programmänderung kam vor etwa zwei Wochen: nicht Bruckner, sondern Wagner, Orchesterstücke aus den Opern. Und dann mit Wochenbeginn: Boulez, nicht Barenboim. Kein Schubert, dafür Bartók. Und doch Bruckner. Der Hirsch war glückselig.
Die "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" von Bela Bartók hörte ich zum ersten Mal. Ziemlich viel mitreissende Lebensfreude. Ich hatte den Cellisten Franz Bartolomey direkt im Blickfeld - ihm im zweiten Satz zuzusehen, wie er verschmitzt lachte, mit den Augen blitzte, eine Fröhlichkeit hinausstrahlte, sich wiegte und bewegte: das verstärkte noch das eigene Empfinden.
Im Adagio ergriff mich dann unvermittelt Rührung, ganz ungewohnt bei einem Stück, das ich nicht kenne. Es schien mir, als griffe etwas in dieser Komposition direkt auf mich zu, verflüssigte sich in den Gliedmaßen und drängte über den Hals in die Augenhöhlen. Ich war erstaunt - und glücklich.
Und dann Bruckners Siebte. Ein Stück, bei dem ich vorher schon weiß, was geschehen wird. Wo dieses "Ergriffensein", also dieser Zugriff der Musik nie ausbleibt. Allerdings ist da, im Unterschied zu Bartók, die persönliche Historie mit im Spiel. Es sind Erinnerungen an Gefühle, an sehr zwiespältige Gefühle, verschüttete "Erfahrungen" aus der Jugendzeit, die sich mit der Kraft der Musik verbunden haben. Erfahrungen, die erst in den letzten Jahren aus dem Eis der Abwehr herausgetaut sind.
Doch dieses bisschen an Tränen, das sich da jedes Mal staut, ist nur eine kleine sentimentale Regung im Vergleich zu dem, was ich bei der unmittelbar vor mir sitzenden Person wahrnehmen konnte. Ein schmächtiger Mann, Asiate, ich sah ihn nur von hinten, hätte im Nachhinein nicht sagen können, ob Japan oder doch eher eine südlichere Herkunft, in einem bescheidenen braunen Tweedsakko drückte er sich die ganze Symphonie über ganz nah an die Säule zu seiner Linken, sah kein einziges Mal auf die Bühne. Aber er h ö r t e. Er hörte offenbar mit einer solchen Intensität und Offenheit, dass er von der Musik ganz durchdrungen wurde, der zarte Körper begann immer mehr zu beben. Ich konnte von hinten nur das Zucken der Schultern sehen, das immer wieder, vor allem bei ganz filigranen Stellen, in ein unverhohlenes Schütteln überging. Wie mir der Hirsch danach sagte, sei auch das Gesicht tränenüberströmt gewesen.
Und Pierre Boulez? Ich empfand ihn als wunderbar bescheidenen Dirigenten. In seiner trockenen Art benötigt er keine großen Gesten, die überwältigenden Steigerungen münden geradezu mühelos im unnachahmlich weichen Piano. Ich könnte mich ebenso vertrauensvoll in seine Hände begeben, wie es die Philharmoniker offenbar taten. Denn sie klangen - überwältigend.
Die "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" von Bela Bartók hörte ich zum ersten Mal. Ziemlich viel mitreissende Lebensfreude. Ich hatte den Cellisten Franz Bartolomey direkt im Blickfeld - ihm im zweiten Satz zuzusehen, wie er verschmitzt lachte, mit den Augen blitzte, eine Fröhlichkeit hinausstrahlte, sich wiegte und bewegte: das verstärkte noch das eigene Empfinden.
Im Adagio ergriff mich dann unvermittelt Rührung, ganz ungewohnt bei einem Stück, das ich nicht kenne. Es schien mir, als griffe etwas in dieser Komposition direkt auf mich zu, verflüssigte sich in den Gliedmaßen und drängte über den Hals in die Augenhöhlen. Ich war erstaunt - und glücklich.
Und dann Bruckners Siebte. Ein Stück, bei dem ich vorher schon weiß, was geschehen wird. Wo dieses "Ergriffensein", also dieser Zugriff der Musik nie ausbleibt. Allerdings ist da, im Unterschied zu Bartók, die persönliche Historie mit im Spiel. Es sind Erinnerungen an Gefühle, an sehr zwiespältige Gefühle, verschüttete "Erfahrungen" aus der Jugendzeit, die sich mit der Kraft der Musik verbunden haben. Erfahrungen, die erst in den letzten Jahren aus dem Eis der Abwehr herausgetaut sind.
Doch dieses bisschen an Tränen, das sich da jedes Mal staut, ist nur eine kleine sentimentale Regung im Vergleich zu dem, was ich bei der unmittelbar vor mir sitzenden Person wahrnehmen konnte. Ein schmächtiger Mann, Asiate, ich sah ihn nur von hinten, hätte im Nachhinein nicht sagen können, ob Japan oder doch eher eine südlichere Herkunft, in einem bescheidenen braunen Tweedsakko drückte er sich die ganze Symphonie über ganz nah an die Säule zu seiner Linken, sah kein einziges Mal auf die Bühne. Aber er h ö r t e. Er hörte offenbar mit einer solchen Intensität und Offenheit, dass er von der Musik ganz durchdrungen wurde, der zarte Körper begann immer mehr zu beben. Ich konnte von hinten nur das Zucken der Schultern sehen, das immer wieder, vor allem bei ganz filigranen Stellen, in ein unverhohlenes Schütteln überging. Wie mir der Hirsch danach sagte, sei auch das Gesicht tränenüberströmt gewesen.
Und Pierre Boulez? Ich empfand ihn als wunderbar bescheidenen Dirigenten. In seiner trockenen Art benötigt er keine großen Gesten, die überwältigenden Steigerungen münden geradezu mühelos im unnachahmlich weichen Piano. Ich könnte mich ebenso vertrauensvoll in seine Hände begeben, wie es die Philharmoniker offenbar taten. Denn sie klangen - überwältigend.
ConAlma - 2007-02-17 16:22
Interessant wieder einmal,
Ich mag das - nichts verstehen ;-).