Mimi und Charlie
Mimi und Charlie waren unzertrennlich. Er war der Charmeur, einer, der stets abenteuerlustig durchs Leben ging. Mimi war die Schöne, die Vornehme, die Kluge, die Intelligente, die immer die Zahlen im Griff hatte, für jene Struktur sorgte, vor deren Hintergrund sich ein reisefreudiges Leben entfalten konnte. Kinder hatten sie keine, mit den Jahren wurde das Leben ruhiger, aber die Wohnung war immer offen für Freunde, für große Abendessen. Dann saß Charlie eines Tages im Rollstuhl, ein Beinleiden. Er wurde still und nur an den Tagen, wo er sein so gewordenes Leben nicht mitansehen konnte, laut. Zwei Jahre lang kümmerte sich Mimi um ihn, auch wenn ihr eigener körperlicher Zustand zunehmend beschwerlich wurde, sie lebten zurückgezogen, belastet von der Unbeweglichkeit, auf eine ungewollte Art ineinander verstrickt.
Dann starb Charlie und mit ihm starb Mimis Orientierung. Weder die Treffen mit den alten Schulfreundinnen noch das Organisieren der täglichen Kleinigkeiten noch die stundenlangen Telefongespräche mit entfernten Freunden konnten ihr den geliebten Mann ersetzen. Keine Kinder, keine Verwandten, niemand, der nachsieht. Allein hinter vier Schlössern und Riegeln - als sie einmal stürzte und aus eigener Kraft nicht mehr hochkam, dauerte es zwei Tage, bis die Feuerwehr die Tür aufbrach, nachdem die zwei Mal pro Woche kommende Aufräumfrau Alarm geschlagen hatte.
Mit jedem Tag gleitet sie mehr in die Demenz. Charlie kommt nicht heim, weil er bei einer Freundin schläft, sagt sie, Besorgnis in der Stimme. Und zweifelnd nimmt sie das Sterbedatum auf dem Grabstein zur Kenntnis, der ihr vor nicht mal einem Jahr so viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Der Hirsch hat sie zum Friedhof begleitet, er ist spontan zu Mimi gefahren, als die Telefongespräche sich immer beklemmender anhörten, Charlie war sein bester Freund gewesen. Selbst nur wenige Geburtstage von Mimis Alter entfernt, trifft ihn, den Alterlosen, diese Escheinung von Alter zutiefst. Und die Hilflosigkeit angesichts der störrischen Dame, die keine Hilfe zulässt, macht ihm, der gewohnt ist, Entscheidungen zu treffen, Dinge zu bewegen, besonders zu schaffen.
Ich rätsle über die seltsamen Wege, die der Geist eines Menschen in seinem Schmerz geht: den geliebten Mann lieber lebendig bei einer andern wissen als tot im Grab.
Mimi 2
Mimi 3
Dann starb Charlie und mit ihm starb Mimis Orientierung. Weder die Treffen mit den alten Schulfreundinnen noch das Organisieren der täglichen Kleinigkeiten noch die stundenlangen Telefongespräche mit entfernten Freunden konnten ihr den geliebten Mann ersetzen. Keine Kinder, keine Verwandten, niemand, der nachsieht. Allein hinter vier Schlössern und Riegeln - als sie einmal stürzte und aus eigener Kraft nicht mehr hochkam, dauerte es zwei Tage, bis die Feuerwehr die Tür aufbrach, nachdem die zwei Mal pro Woche kommende Aufräumfrau Alarm geschlagen hatte.
Mit jedem Tag gleitet sie mehr in die Demenz. Charlie kommt nicht heim, weil er bei einer Freundin schläft, sagt sie, Besorgnis in der Stimme. Und zweifelnd nimmt sie das Sterbedatum auf dem Grabstein zur Kenntnis, der ihr vor nicht mal einem Jahr so viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Der Hirsch hat sie zum Friedhof begleitet, er ist spontan zu Mimi gefahren, als die Telefongespräche sich immer beklemmender anhörten, Charlie war sein bester Freund gewesen. Selbst nur wenige Geburtstage von Mimis Alter entfernt, trifft ihn, den Alterlosen, diese Escheinung von Alter zutiefst. Und die Hilflosigkeit angesichts der störrischen Dame, die keine Hilfe zulässt, macht ihm, der gewohnt ist, Entscheidungen zu treffen, Dinge zu bewegen, besonders zu schaffen.
Ich rätsle über die seltsamen Wege, die der Geist eines Menschen in seinem Schmerz geht: den geliebten Mann lieber lebendig bei einer andern wissen als tot im Grab.
Mimi 2
Mimi 3
ConAlma - 2008-09-09 08:45
Aber der Besuch strengte ihn an, er fiel am Kaffeetisch in sich zusammen, schlief fast ein; bei der Verabschiedung dann aber Berühren, Umarmen, nicht Weglassenwollen, immer noch ein Satz. Der plötzliche Tod hatte mich sehr betroffen gemacht.