Samstag, 5. September 2009

Lost People

gormley


Unterwegs mit der Mutter. Drei Tage in Vorarlberg, heute zeigte ich ihr ein Bregenz, das sie nicht kennt. Vor 55 Jahren hat sie hier ein Jahr im Sacre Coeur als junge Lehrerein, eben von der Gewerblichen LBA aus Wien kommend, unterrichtet, adelige Mädchen, Töchter aus guten Häusern. Sie hat wenig Erinnerung an die Stadt damals, denn die war nur ein Zwischenort gewesen unter den Stationen ihres Lebens (zu denen, nicht vollzählig freilich, wir Kinder ihr je eine Reise zum 80. Geburtstag schenkten). Viel lebendiger waren ihr die Menschen aus jener Zeit geblieben, Mitglieder einer Laienschauspiel-Gruppe, mit denen sie viel unterwegs gewesen war - aber den Verehrer von damals haben wir nicht erreicht.

Die Antony Gormley-Ausstellung im KUB hat uns gleichermaßen beeindruckt und verstört,; vom Pfänder aus weit über den Bodensee hinausblickend fanden wir dann wieder zu versöhnlicher Ruhe. Wenn ich den Erzählungen meiner Mutter aus jenen Jahren zuhöre, wird sie zu einem ganz anderen Menschen, einem viel vertrauteren sogar in diesem seinen frühen Frau-Sein, als sie als MUTTER jemals gewesen ist, gewesen sein konnte. Das Verständnis dafür erschließt sich erst aus diesen Erzählungen.

Mittwoch, 2. September 2009

Südlich(t).

Der "Kollege" (das Wort Freund oder Schulfreund kommt im Sprachgebrauch der Kinder nicht mehr vor) des Sohnes ist eine gute Partie: er bringt eine fast komplette Küchenausstattung mit, incl. Toaster, Brotschneidemaschine, Kaffeemaschine, Mikrowelle, Handmixer, Wasserkocher. Manches nützlich, manches verzichtbar. Nicht dabei: Kochmesser - aber die hatte der Sohn mit. Der Kollege also ist ein einigermaßen versierter Koch, viel flotter auch beim Zusammenbauen von Ikea-Möbeln, hat ein Faible für Ordnung (sein Schreibtisch sieht schon recht gebrauchsfertig aus) und scheint auch sonst gern alles, was man so brauchen könnte, gern griffbereit zu haben. Sehr praktisch. Denn der Sohn ist wesentlich genügsamer, ah brauch i ned ist ein Standardsatz. Ein Irgendwie reicht ihm schon, nichts muss gleich da sein, die wahren Notwendigkeiten werden sich im Lauf der Zeit schon finden. Beide Buben sind 16einhalb, der Kollege wirkt wie mindestens 18, fährt auch schon äußerst routiniert Auto (L 17), hat beide Füße fest am Boden und einiges an Muskelaufbau am Oberkörper. Der Sohn begnügt sich mit naturgewachsener Trapezform (scho fesch!) und träumt lieber vor sich hin. Es sollten beide voneinander profitieren können in der für 3 Jahre konzipierten Wohngemeinschaft (Lebens- wollte ich schreiben, aber das Wort ist irgendwie anders besetzt, obwohl's ja um miteinander leben geht).

Die Wohnung ist hell, gut angelegt, doch wiewohl der Blick auf erste Weingärten am Kogelberg fällt, irritiert mich das verschwommen helle Licht

suedlicht

hier im Süden, ich vermisste die klaren Konturen der Berghöhen, müsste ich ständig hier sein. Doch für ein Zwischendurch höchst reizvoll, sind doch die Wege zu bevorzugten Winzerfreunden nicht weit.

Heute war Einkauf-Zusammenbau-Montage-Tag. Beim Baumax horten sie Glühbirnen, kartonweise die Hunderter, die schon verboten sind. Auch die Eltern des Kollegen erweisen sich als Idealbesetzung: unkompliziert, keine Diskussion darum, wer was zahlt oder möglicherweise mehr ausgibt als der andere - ein friktionsloses Miteinander, voller Hilfsbereitschaft und Selbstverständlichkeit. Gut aufgehoben, der Sohn, denk ich mir, und wir fahren aus der Südlichthitze, in der die Landschaft gleichwohl herbstlicher wirkt als im kühleren Gebirg, durch blitzende Unwetter im Bairischen wieder heim. Morgen wird gepackt, was nächste Woche endgültig ins eigene Domizil mitkommt.

Dienstag, 1. September 2009

Sprünge.

Mein Hirsch mag nicht springen, zu viel Last liegt ihm in Seele und Kopf. Auch die Fahrt übers Roßfeld und den Obersalzberg mit all der Fernsicht vermochte ihn nicht heiterer zu stimmen, der Schostakowitsch des Vorabends war auch nicht der Beschwingtheit dienlich gewesen. So mache ich nun meine Sprünge alleine, erst ein kurzer Zwischenstopp daheim, den Kindern den Kühlschrank zu füllen, einer Freundin die Kartons ins neue Haus zu tragen; eine stürmische Nacht hatte mir seltsame Träume zugeweht, wilde Umarmungen in einem Automobil, solch festen Zugriff hab ich schon lang nimmer geträumt, geschweige denn erlebt. Als ich erwachte, hab ich den Mann vor seinem Auto warten lassen, eine Zigarette rauchend, und bin seitdem nicht mehr zurückgekommen, er wird wohl immer noch stehen und warten, die wievielte Zigarette mag er wohl inzwischen geraucht haben?

Seit Sonntag treibt's mich wieder quer durchs Land, gestern Nachmittag noch ruhte ich nach einigen Stunden in der Hotelküche (Kontrastprogramm zwischen geräucherten Auberginen und dem leichten Fond fürs Hirschragout) im gleißenden Höhenlicht, die Sonne auf 1700 m versengt das Dekolleté gründlicher als im Tal;

omesfuesse

heute Nachmittag waren die Temperaturen zwar höher, der Blick ins südsteirische Weinland aber von weniger Klarheit erfüllt. Ich übersiedle den Sohn, eine eigene Wohnung für zwei Sechzehnjährige. Die Schule in Fußweite, vom Küchenfenster aus den Blick auf den SeggaubergKogelberg, im Hinterhof die 24-Stunden-Videothek, die Wohnung direkt überm Café Anita. Keine Sorge, einfaches Bierpub mit freundlichen Mädchen, die Gogo-Bar ist aber auch nur wenige Schritte entfernt.

Morgen Bürokratisches, Großeinkauf bei Ikea, die Eltern des Mitbewohners kennenlernen, dann wieder heim. Aber vorhin waren wir noch im Kino, Christoph Waltz spielt wirklich wunderbar.

Sonntag, 30. August 2009

Klarsicht.

bergenklar

Bewegung bringt Ordnung, Berge aber schenken Klarheit.




Lech, Blick aufs Karhorn.

Sonntag, 23. August 2009

Urlaub

Zwei Wochen, ab morgen. Doch statt in den dänischen Norden zu fahren, wie ich es mit dem Hirschen kurz anträumte, sind die Termine dicht gedrängt: zwei Tage im Salzburgischen, genussreich bei den Döllerers und musikalisch intensiv mit der Achten von Schostakowitsch bei den Festspielen. Einer Freundin beim Übersiedeln helfen. Ein Abstecher nach Lech zu einem Kräutertag auf höchster Ebene. Den Sohn in die Steiermark übersiedeln. Mit der Mutter ein paar Tage ins Vorarlbergische, auf Vergangenheits-Spurensuche.

Und heute kam das große Kind überraschend und tränenreich von der Ferne "nach Hause": nach drei Wochen Lateinamerika hat sie der Freund vor die Tür gesetzt. Nach dreieinhalb Stunden Autofahrt Trost und Rat bei der Mutter. Und gleich ging es nicht mehr um Männer und Wut und Enttäuschung, sondern um Beruf, Pläne und Veränderungen. Morgen werden alle drei Kinder beim Essen mit dabei sein, das ich für den ältesten Enkel des Geliebten bereite: Morchelcrespelle (nach Sissy Sonnnleitner) und Hirschbraten (nach Christian Petz). Schöner Urlaubsbeginn.

Manderbild mit Dame

Mander, sagt der Hirsch, wenn er die Gruppe seiner verstreuten Freunde, einst Arbeitspartner ("Netzwerk" würde das heute heißen) zu einer geeinten Aktion bewegen will, Mander, wia moch ma des?

Sie waren fast alle gekommen, den bevorstehenden Geburtstag des Hirschen vorzufeiern, Sterne zu schauen, zu wandern, zu essen und zu trinken, zu reden. Sie kamen aus Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten, Osttirol; der jüngste wird 60, ist erst spät zu dieser Kaufmannsgruppierung hinzu gestoßen, sein Vater war Gründungsmitglied gewesen. Der beste Freund, ein Jäger, wird 70, die anderen sind 80, 82, 83. Der Bruder, auch schon über 80, der sich von selbst nicht mehr auf den Beinen halten kann, lässt sich dennoch einen kurzen Besuch im Sommerhaus nicht nehmen, die Idee zur Gruppe stammte von ihm. Für wenige Augenblicke blitzen die Augen noch einmal auf, kehrt etwas von deren lebendigem Glanz zurück bei einem, der sich von überbordender Heiterkeit in die absolute innere Emigration zurückgezogen hat.

Zwei Tage, sechs Männer und ich. Mir kommt immer der Kopfplatz an der Tafel zu, beim späten Abendessen unten nahe des Sees, beim Frühstück im Garten der Konditorei, beim langen Abendessen an der warmen Abendseite des Häuschens, bei Forelle blau und dann stundenlang geschmorter Lammkeule. Sie sind allesamt noch trinkfest, die Gespräche bewegen sich um Persönliches und Historisches, die Akribie des einen Geschichtsbeflissenen vermittelt neue Blicke auf scheinbar längst Vergangenes, das doch im kollektiven Gedächtnis der Völker gespeichert bleibt. Nächtliche Heiterkeit unter Sternenhimmel, unbeschwerte Stunden, die die gewachsene, nachhaltige Nähe dieser Männer dokumentieren.

Mander, es war Zeit nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, zu spüren.

Montag, 17. August 2009

Abend ruht

Der Abend ruhte. Eine vollkommene Stille lag über dem Garten, Bäume und Sträucher blieben unbewegt. Als hätte der Tag alle Luft eingeatmet und hielte sie nun an. Ein kühler Hauch aber fiel ohne sichtbare Bewegung den Berg herunter und mischte sich mit der Wärme der hölzernen Terrasse. Wir saßen still beieinander, tranken Armailhac 1999 und lächelten in den schnellen Fall der Sternschnuppen.

Morgen wird der Geliebte in die Sterne schauen, und am Donnerstag, bei Neumond, wieder. Ein vorgezogener Geburtstagswunsch, den er sich mit den alten Freunden erfüllt.

Sonntag, 16. August 2009

Sternderl schaun

Der Hohe Frauentag schenkt mir einen arbeitsfreien Samstag. Zwei Tage im Sommerhaus.

Huette

Die Landbevölkerung lässt sich jene sieben Kräuter in der Kirche weihen, die die bösen Geister vertreiben, für gesundes Vieh und für eine gute Ernte sorgen sollen. Böse Geister haben den Geliebten heimgesucht, ich helfe ihm durch die Familienwirren. Wir spazieren zum See, in den Abendstunden ist er ganz ruhig, Libellen schwirren, Fische springen, langes Schwimmen in der untergehenden Sonne. Auf der Abendseite des Hauses, an der warmen Holzwand dann Wein trinken und zusehen, wie die Sterne sich mehren.

Donnerstag, 13. August 2009

Warum erzählen wir einander dies alles

Warum erzählen wir einander dies alles, hier, von nächtlichen Autofahrten und Wetterleuchten, von Bergen und vom Meer, von Brüchen und Veränderungen, von Träumen, und dass ich mir seit Tagen zuflüstere Ich will mein Leben zurück, all dieses Geschichten erzählen, dieses Schreiben? Hunger und Nahrung.

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rinpotsche - 2011-10-07 00:37
!
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books and more - 2011-10-07 00:30
sang und klanglos :-(
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profiler1 - 2011-10-06 21:55
Erwischt... und Sie fehlen...
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