Der Mann liegt neben der Frau. Er streichelt sie, wieder und wieder. Er kann nicht anders als seine Hände stetig über ihre Haut gleiten zu lassen, angezogen von einer Sanftheit, die, als er sie das erste Mal berührt hatte, so unerwartet und überraschend gewesen war. – Ich muss damit aufhören, sagte er, ich bin süchtig danach. Das wird gefährlich. Die Frau lächelt. – Was dich süchtig macht, sagt sie, ist, dass du das, wovor du dich anderswo fürchtest, bei mir nicht finden kannst. Überall anders fürchtest du, was du suchst und gleichzeitig meidest. Bei mir bleibt dir nur das Suchen. Das macht dich süchtig.
ConAlma - 2006-09-17 20:45
Eigentlich aber sollte ich mich selbst entführen. Nach Beograd. Seit Jahren komme ich am Wiener Westbahnhof an, wenn am Gleis gegenüber der Zug nach Beograd zur Abfahrt bereit steht. Wenigstens bis Budapest, sage ich mir dann jedes Mal, vergiss die Termine, in Budapest kennst du immerhin die Straßen, die Museen, die Kaffeehäuser, die Markthalle. Und das in stillem Licht und bröckelnder Traurigkeit erstarrte türkische Frauenbad.
Freilich, Beograd, das klingt nach dem unbekannten Osten, wo vielleicht noch ein Stück einer Zeit stehengeblieben ist. Wo nach etwas zu suchen wäre, was möglicherweise gar nicht gefunden werden will. Weshalb ich ja auch noch nie in den Zug nach Beograd gestiegen bin.
Oder aber, sagte ich heute morgen zu den zarten Händen, es sind doch die Kinder, die jedes Mal, wenn ich wegfahre, auf meine Rückkehr warten. Warte noch eine kleine Weile, raunte mir die rauhe Stimme zu, und es klang gerade wie eine Bach-Kantante, dann wirst du bis Beograd fahren. Und darüberhinaus.
ConAlma - 2006-09-17 09:19