gehört

Sonntag, 29. Oktober 2006

Deutsch-Verzeichnis 759

Musikverein. Philharmoniker. Harnoncourt. Schubert. Unvollendete.

Sie klatschen schon wieder, ehe der letzte Ton verhallt ist. Haben sie nicht g e h ö r t??


Zuvor: Der Gesang der Geister über den Wassern. Mit den tiefen Streichern. Warum nur habe ich ein so hohes Instrument wie die Geige gelernt? Die mag ich doch gar nicht. Diese Höhe. Ich mag den tiefen Klang. Mindestens Bratsche. Aber vor allem Cello, das mir das schönste Fraueninstrument erscheint, außer der Stimme. Weil es zwischen den Beinen liegt und so der Klang noch direkter verbunden ist. Denn das habe ich beim Singen gelernt: mit geschlossenem Beckenboden klingt nichts.

Mir fällt eine Cellistin von damals, während meiner kurzen Zeit beim AOV ein, sie war an ihrem Instrument wie aus einem Guß.

Weil der Schubert auf OE1 zu hören war, ein Programmhinweis: Ilse Aichinger heute abend.

Freitag, 20. Oktober 2006

Poetische Posaune

"Lyrische" wär mir auch eingefallen, oder "sprechende", aber aus beidem ergab sich kein halbwegs passendes Pendant zum vorhergehenden Titel.

Who's afraid of the tromboist - oder: ein Posaunist alleine, darf der das? Ich weiß nicht, was sich jene Herrschaften, die am vergangenen Dienstag im Loos-Salon der Musiksammlung der Wiener Stadtbibliothek zusammenkamen und größtenteils sicher zum Stamminventar dieser Räume gehören, erwartet haben vom Posaunenvarieté, behutsam umsprochen von Otto Brusatti und nachgespült mit Weinen von Hans Czerny. Wohl nicht jene Kombination aus eigenen Texten und einer am ehesten eben poetischen Hinwendung zum Instrument, das in Bertl Mütters Händen jegliche Schwerfälligkeit, die man ihm vielleicht gern unterstellt, verliert und nicht einfach spielt, sondern singt, pfeift, haucht, seufzt, spricht, doppelstimmig tönt und ganz der Inventionskraft des Musikers ergeben ist.

Improvisationen zu Träumen und Geschichten, Assoziationen zu großen Werken der Musikgeschichte, wie Schuberts Winterreise oder, neu, die Müllerin, Schumanns Dichterliebe: Bertl Mütter nützt den Vorteil eines Instrumentes, für das kaum ernstzunehmende Musik geschrieben wurde, und er kennt die Literatur gut, die musikalische wie die der Wörterverführungen, verführt seinerseits, indem er durch sein Instrument zu uns spricht, erzählt.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Heine-Gedicht aus der Dichterliebe: das täppische Stolpern des arme Burschen ist köstlich sichtbar gemacht; Wanderers Nachtlied, Goethe - Schubert - Mütter: meditatives, mehrstimmiges Schweben, und ich wünschte, es wäre wirklich Nacht gewesen. Zum Vormerken: die Präsentation von Mütters Müllerin wird am 21. Dezember in der Musiksammlung sein. Der Loos-Salon ist sehr schön.

Sonntag, 30. Juli 2006

Hatte Max Stirner Sex?

Ich sitze im Garten, Bruckners Siebte umfließt mich. An einer Stelle plötzlich legt sich etwas fest um meine Brust, es zieht und brennt, Tränen steigen auf, ein Gefühl von unbestimmter Auflösung, dazu die Sonnenhitze, der Blick auf die bewaldeten Berge, den Garten....

Vor zwei Wochen, in Innervillgratten, es ist Samstag nachmittag, heiß, ich sitze am Bach, die Füße im kalten Wasser, Kinder und Jugendliche tollen herum, ich blicke auf erhabene Landschaft, Erinnerungen steigen auf, und plötzlich beginnt alles zu klingen, und dasselbe Ziehen, Brennen, Tränen ... als würde ich von Schönheit überwältigt, eine Auflösung in etwas, das außerhalb von mir ist, da ist und in das ich hinein muss.

Ich weiß nicht, war es mein Großvater, gemeinsam mit seiner Frau unerbittliche Agnostiker, der mir Ideen nahebrachte, die jenen Max Stirners ähnelten? Aber der Haushalt meiner Großeltern war in meiner Kindheit und Jugend der einzige Ort, wo ich philosophischen Themen nahekam. (Ich muss meine Mutter fragen, sie hat sich zur Archivarin der Familie gemacht.) Auf jeden Fall war mir die Vorstellung, dass alles um mich nur existiert, weil ich es wahrnehmen kann, und ohne mich nicht wäre, sehr oft Trost und Zuflucht.

Aber dann waren da immer wieder Erfahrungen, die über mich hinausgingen. Die frühesten mit Musik. Aufgrund einer nachhaltigen psychischen Beeinträchtigung in diesem Zusammenhang konnte ich die Tragweite dieser Erfahrungen erst sehr spät erkennen, aber sie müssen doch wirksam gewesen sein. Erst spät kam das Zulassen sexueller Transzendenzerfahrungen hinzu. Und so saß ich heute mittag im Garten, bei Bruckners Siebter, und fragte mich: hatte Max Stirner je Musik gehört? Für Bruckner war er allerdings zu früh geboren. Hatte Max Stirner Sex?

Er ist verarmt, halb verhungert gestorben. Ich denke, er war ein unbestechlicher, feiner Mensch.

Donnerstag, 18. Mai 2006

Scheidungslied

Als ich vor mittlerweile vielen Jahren die damals ziemlich traumatische Erfahrung eines unerwarteten, plötzlichen Verlassenwerdens machte, hat sich ein zuvor gemeinsam oft und oft gehörter Song (eines seiner Lieblingsstücke, das er mitgebracht hatte) als heilsam herausgestellt. Es war George Michaels Jesus to a Child , ganz untypische Musik für mich, aber der Text ....!

In der Folge habe ich mir angewöhnt, auch in leichten Trennungsfällen ein Musikstück als "Scheidungslied" zu installieren, um so, eingebettet in traurige oder sehnsuchtsvolle Lyrics, ein wenig dem Selbstmitleid zu frönen und alsbald wieder lächelnd der Welt gegenüberzutreten.

Das rezente Auseinandergehen war ein so Schritt für Schritt vorgegangenes, dass nie ein Bedarf an entsprechender Musik erwuchs. Bis heute. Denn heute, gerade vorhin eben, erklang auf OE1 ein Song, der schon vor einigen Tagen, da aber frühmorgens, ebenso auf OE1 zu hören gewesen war, ein Gänsehautstück, Jimmy Scott mit einer Coverversion von Nothing compares 2 U.

Nun waren weder Pop noch Jazz Thema der betroffenen Beziehung gewesen, noch hatte ich das dringende Bedürfnis, mich seufzend in Melodien oder Texten zu ergehen, und doch: dieser herzrührenden Version des Prince-Klassikers entkam ich nicht. Da auch der Text nicht meiner Befindlichkeit entspricht/entsprach (wiewohl ich den Refrain durchaus unterschreiben würde), rate ich: Es muss an der Stimme liegen, in ihrer undefinierbaren Zugehörigkeit, Frau oder Kind, gewiss nicht Mann, ach! dass ich so angetan bin. Und weil ich annehme, dass hier seine Post-Disiunctio-Stimmung miterklingt.

Wie auch immer: Jimmy Scott hören kann Schauer wecken. Glücklich die schöne Freundin im fernen Portland, die Jimmy Scott zu Silvester alldort live hören durfte!

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sang und klanglos :-(
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